Bedeutung sozialer Kompetenzen für die Gruppenarbeit
Literatur
Jurkowski, S.& Hänze, M. (2010). Soziale Kompetenzen und kooperative Gruppenarbeit. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 57, 223-238.
Im Zusammenhang mit Gruppenarbeiten an der Universität stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen und Fähigkeiten ein Lernender haben sollte, damit sich der Gruppenarbeitsprozess als qualitativ hochwertig erweist. Hierbei werden unter anderem häufig soziale Kompetenzen genannt, jedoch gibt es zu wenige Untersuchungen darüber, ob diese wirklich notwendig sind, um eine gute Gruppenarbeit zu ermöglichen. Bisher wurden soziale Kompetenzen nur anhand von Gobalmaßen im schulischen Bereich untersucht und fördern laut den Ergebnissen die Prosozialität, die Verantwortungsübernahme, die Vertrauenswürdigkeit, etc. Bei rein kooperativen Gruppenarbeiten zeigen soziale Kompetenzen zwar, dass mehr Fragen gestellt werden, allerdings konnte dadurch kein Leistungsvorteil gegenüber Gruppen mit weniger sozialen Kompetenzen festgestellt werden. Allerdings wurde bei diesen Untersuchungen nur auf ein geringes Spektrum an sozialen Kompetenzen gelegt und dadurch kann man die Ergebnisse auch nicht verallgemeinern (vgl. Jurkowski & Hänze, 2010, S. 225-226).
Um zu überprüfen, wie wichtig soziale Grundkompetenzen nun wirklich sind, wird nach dem Gruppenpuzzle nach Aronson (2002) vorgegangen. Dabei handelt es sich um eine kooperative Gruppenarbeitsmethode, bei der aber sowohl die Abhängigkeit von den anderen Teilnehmern, als auch eigene Verantwortlichkeit eine Rolle spielen. Aronson’s Idee wurde leicht modifiziert und in drei Phasen unterteilt:
- In der ersten Phase werden Experten für Teilbereiche bestimmt, welche sich dann eingehend mit ihrem Stoffgebiet auseinandersetzen. Dadurch erhalten sie einen Expertenstatus, der ihnen im gesamten Gruppenpuzzle erhalten bleibt. In den einzelnen Expertengruppen existiert die gleiche Wissensbasis, daher sind die Experten einer Gruppe nicht voneinander abhängig und müssen nicht mit den anderen interagieren.
- Die folgende zweite Phase fordert alle Gruppenmitglieder dazu auf, eine aktive Rolle in der Gruppe einzunehmen. Jeder Experte muss versuchen, den anderen das eigene Themengebiet nahe zu bringen, allerdings muss er danach auch in der Lage sein, sich die Inhalte der anderen Gebiete anzueignen. In dieser Phase entsteht durch die ungeteilte Wissensbasis eine Abhängigkeit von den anderen Gruppenmitgliedern und macht dadurch eine Interaktion zwingend notwendig.
- Im Zentrum der dritten Phase steht die Weiterverarbeitung der Einzelthemen zu einem übergeordneten Thema. Obwohl nun alle Gruppenmitglieder dieselbe Wissensbasis haben sollten, wird den einzelnen Experten immer noch der Expertenstatus erhalten bleiben. In dieser Phase ist es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und Hilfe sowohl zu geben, als auch einzufordern (vgl. Jurkowski & Hänze, 2010, S. 227-228).
Die Untersuchung selbst fand im Wintersemester 2006/2007 in Deutschland statt und 69 Studierende nahmen teil. Untersucht wurden sowohl die sozialen Kompetenzen, als auch die Kontrollvariablen und der Wissenserwerb. Bei den sozialen Kompetenzen wurden perzeptiv-kognitive und motivational-emotionale Bereiche ausgegrenzt und der Fokus lag ausschließlich auf den behavioralen Facetten. In den Bereich Kontrollvariablen fielen sprachliche Fähigkeiten und Erfahrungen mit Gruppenarbeit, Interesse und Motivation wurden nicht berücksichtigt. Der Wissenserwerb wurde mit Vor- und Nachwissenstests festgestellt (vgl. Jurkowski & Hänze, 2010, S. 229-231). Grundsätzlich zeigte sich, dass soziale Kompetenzen für Gruppenarbeiten und dem daraus folgenden Wissenserwerb von Vorteil sind, da sie die Interdependenz und Interaktion der einzelnen Mitglieder bedeutend erleichtern. Durch die verschiedenen Gruppenmitglieder, unterschiedlichen Anforderungen und Aufgabenstellungen sind soziale Kompetenzen als Einstiegsbasis fast ein Muss, da sie bei der Zusammenarbeit und dem gegenseitigen Austausch von großer Hilfe sein können. Nur durch soziale Kompetenzen ist eine positive Interaktion möglich, welche wiederum zu einem höheren Wissenserwerb aus der Gruppenarbeit führt. Soziale Kompetenzen bilden also grundsätzlich eine positive Grundlage für den Wissenserwerb aus Gruppenarbeiten; allerdings ist es immer situationsabhängig, welche sozialen Kompetenzen von Vorteil sind (vgl. Jurkowski & Hänze, 2010, S. 234-237).
Gemischte Teams aus introvertierten und extrovertierten StudentInnen funktionieren in der Regel am besten, denn Introvertierte sind gute Zuhörer und lassen den KollegInnen um sich herum viel Raum. Introvertierte verstehen es, in Fachgebiete einzutauchen und bei Widerstand auf Kurs zu bleiben, wobei vor allem deren Verlässlichkeit zählt. Stille Menschen sind in Gruppen oft dadurch erfolgreich, indem sie gezielt ihre Stärken einsetzen, etwa im schriftlichen Ausdruck und in einer guten Vorbereitung. Wer zum Beispiel in einer Gruppenarbeit abwartet, bis die Diskussion wieder feststeckt und dann ein vorbereitetes Papier mit Lösungsvorschlägen bereit hält, kann auch ohne große Sprüche erfolgreich sein.
Siehe dazu die Typologie studentischer Lerngruppenmitglieder ;-)
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